Nachruf Hans Kallhammer

Hans Kallhammer, 01. Juli 1934 – 07. August 2021

Mit 87 Jahren ist Hans Kallhammer, ein Urgestein der Tölzer Bergwacht, für immer eingeschlafen. Seine Kameraden in der Bergrettungsgemeinschaft trauern um den Hansl, einen Freund, der um seine Leistungen beim Bergsteigen, sein technisches Können in der Bergrettung, seinen aufopferungsvollen Einsatz und Hingabe für verunglückte Bergsteiger in seiner Bescheidenheit nie Aufhebens wollte.

So gelang dem äußerst versierten, exzellenten Kletterer Anfang August 1953 zusammen mit Michl Anderl die Erstbegehung der geraden Nordwand des Laliderer Falk in der Falllinie des Gipfels, Schwierigkeitsgrad V-IV, Wandhöhe 500. Mit seiner Erfahrung war er maßgeblich an mehreren gefährlichen Rettungseinsätzen in den Laliderer Wänden beteiligt. Damals wurde die Tölzer Bergwacht des Zugangs wegen noch in den Tiroler Norden des Karwendels zu Rettungseinsätzen gerufen. Allein drei jeweils mehrtägige kräftezehrende Verletzten- und Totenbergungen 1955 an der Laliderer Spitze seien erwähnt, an denen der Hans ganz vorn dabei war. So konnten, um nur eine davon näher zu beleuchten, im Juni des Jahres mit denkbar schwierigsten winterlichen Witterungsverhältnissen zwei junge Kletterer aus dem oberen Viertel der Herzogkante der gewaltigen 800 Meter hohen Lalidererwand geborgen werden. Am späten Abend des Fronleichnamstages machte sich eine aus Hinterriß alarmierte ausgerüstete Mannschaft von Tölz auf den Weg und kam gegen 3 Uhr bei der Falkenhütte unterhalb der riesigen Wand bei starkem Wind, Nebel und Regen an. Um 4 Uhr wurde es langsam Tag, der Nebel verzog sich und eine langwierige Ortung der beiden in Not Geratenen konnte mit Rufen und Spurensuche im Schnee auch in der von Lawinen bedrohten Spindlerschlucht beginnen. Antworten der Verunglückten wurden gehört, sie mussten schon sehr weit oben sein. Hans Kallhammer und Michl Anderl stiegen in die Herzogkante nach der Lageeinschätzung ein und der Rest der übrigen Mannschaft macht sich mit dem schweren Stahlseilgerät über Scharnitz und das Karwendeltal von hinten, von Südwesten aus, auf den Weg zur Biwakschachtel unterhalb der Lalidererspitze. Die beiden erreichten trotz des durchs Wetter, Graupelschauer und Vereisungen sehr erschwerten und gefährlichen Aufstiegs um 15 Uhr die beiden Verunglückten, einer war ins Seil gestürzt und zog sich einen Sprunggelenksbruch zu. Die beiden wurden versorgt, auch mit Lebensmitteln und einem weiteren wärmenden Biwaksack, ehe Kallhammer und Anderl über den Gipfel zur Biwakschachtel weiter stiegen. Sie trafen etwa 20 Uhr dort ein und bald darauf die ankommende Mannschaft mit dem Rettungsgerät. Mit einer weiteren inzwischen in Bewegung gesetzten Bergwachtmannschaft aus Tölz mit Bergwachtarzt Dr. Schürch und Transportgerät verbrachten sie auf engstem Raum eine weitere schlaflose Nacht. Die bei Tagesanbruch durchgeführte Bergung der beiden verunglückten Kletterer mit dem damals neu entwickelten Stahlseilgerät 120 Meter weit nach oben war seinerzeit eine spektakuläre Neuigkeit und Vorbild für eine Bergungsaktion in der Eiger-Nordwand zwei Jahre später.

Als Erster wurde Kallhammer im Grammingersitz abgeseilt, der den Verletzten aus der Wand holte. Mit Anderl am Stahlseil wurde darauf auch sein Begleiter aufgezogen, eine unglaublich schwere und harte Arbeit für die ganze Mannschaft. Mit dem ärztlich versorgten Verletzten im Akja traten die Kameraden den Abstieg und Heimweg an. Wie erwähnt, nur eine von drei Bergungen, die Hans Kallhammer mit seinen Kameraden in diesem Sommer bewältigen konnte. Drei Tage und zwei kalte Nächte war er zusammen mit seinen Kameraden an der Lalidererspitze hier unterwegs. Und nur vier Wochen später erforderten Hilferufe aus der Lalidererkante erneut eine kaum weniger schwierige und gefährliche Totenbergung bei Gewitter und Hagelschauer seine helfende Umsicht und Einsatzkraft.

Doch spektakuläre Bergungen, an denen er maßgeblich mitbeteiligt war, sind nicht sein einziger Verdienst. Einige Jahre stellte er sich als Ausbildungsleiter dem Nachwuchs zur Verfügung. Viel Zeit investierte er in den eigenhandwerklichen Bau der Bergwachtdiensthütte auf dem Brauneck.

Lieber Hans, wir danken dir und deiner Familie für deine lange Zeit vieler guten Taten in stiller, bescheidener Hilfsbereitschaft im Ehrenamt deiner Bergwacht. Damit bleibst du uns in Erinnerung, in unseren Herzen lebendig.